Wie realisiert man Leichtbau in Stahl? Mit möglichst geringen Wandstärken, Bohrungen bzw. Materialfehlstellen sowie Materialeinsatz möglichst nur an den Stellen, wo entsprechende Kräfte aufgenommen werden müssen. Viele denken da an additive Fertigungsverfahren. Das älteste und bewährteste Verfahren hingegen wird häufig vergessen.
A: Wie funktioniert Stahlfeinguss nach dem Wachsausschmelzverfahren?
Das Prinzip ist einfach – doch der berüchtigte Teufel steckt im Detail: Ein 1:1 Modell des zu fertigenden Teils wird in Wachs modelliert. Anschließend wird das Wachsteil mit einer keramischen Masse überzogen. Ist diese hart, wird sie erhitzt; das Wachs schmilzt dabei. Ist das Wachs aus der Form geflossen, wird diese bei etwa 750 bis 1200 °C gebrannt und mit flüssigem Stahl befüllt. Nach dem Abguss und dem vollständigen Erstarren der Schmelze wird die Form entfernt. Es folgen Nacharbeiten wie Putzen, Schleifen, Strahlen, CNC-Bearbeitung bis hin zur (vor-)Montage. Eine ausführliche Darstellung findet sich unter dem Link unten.
B: Guss ist doch eher für grobe Wandstärken?
Stahlfeinguss erlaubt eine hohe Detailierung und geringe Wandstärken von unter einem Millimeter. Erhabene oder vertiefte Schriften, Teilenummern oder Logos lassen sich problemlos feingießen, was Kosten unmittelbar reduziert.
C: Was ist der Vorteil gegenüber additiven Verfahren?
Zum einen erzielt der Guss deutlich homogenere Gefügestrukturen; spontane Brüche sind sehr ungewöhnlich. Andererseits gibt es für den Guss fast keine Grenzen bei Liegerungen. Im 3D-Metalldruck (selektives Laserschmelzen SLM oder selektives Lasersintern SLS) ist die Materialauswahl extrem eingeschränkt. Preislich hängen die Unterschiede von den Stückzahlen ab. Stahlfeinguss ist aber bereits bei geringen Stückzahlen konkurrenzfähig. Wir arbeiten zwar mit verlorenen Modellen – diese sind jedoch aus Wachs und damit vergleichsweise preiswert.
D: Was ist von diesem Verfahren in Zukunft zu erwarten?
Auch der Stahlfeinguss entwickelt sich weiter. Ein Beispiel sind hybride Feingussverfahren, welche die zeitlichen und konstruktiven Vorteile von 3D-Druckverfahren mit den technischen und preislichen Vorteilen des Stahlfeingusses kombinieren.
E: Was ist der ultimative Praxistipp für alle, die das Verfahren noch nicht kennen?
Die gießtechnische Optimierung von Bauteilen ist Teamsport. Kaum ein Konstrukteur verfügt über so viel Erfahrung, dass ein komplexes Bauteil ohne weitere Änderungen in eine Gussform überführt werden könnte. Hier müssen der Kunde, der sein Teil in- und auswendig kennt, und weiß, wo er Platz für Material oder Toleranzen hat, und der Gießereiingenieur an einen Tisch. Gegebenenfalls über mehrere Iterationsschritte.
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Ihr Ansprechpartner: Herr Martin Krämer
Firma: tsf tübinger stahlfeinguss Franz Stadtler GmbH & Co. KG